
Unsere Ehrenschlaraffen
Das Reich erkürt verstorbene Heroen der Kunst und Wissenschaft. Sie erhalten einen schlaraffisch geprägten Ehrenschlaraffen-Namen.
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WALTHARI: „Walther von der Vogelweide“ (1170-1230)
Im ausklingenden 19. Jhdt. herrschte in Bozen eine Walther-Euphorie, da man überzeugt war, im Vogelweiderhof im Lajener Ried Walthers Heimathaus entdeckt zu haben. Als sicher gilt, dass Walther dem niederen Adel entstammte und am Wiener Hof beim Raimar von Hagenau „singen und sagen“ gelernt hat. Walther gilt als der bedeutendste deutsche Lyriker des Mittelalters. In seinen politischen Liedern vertrat Walther den staufischen Reichsgedanken mit strengen moralischen Regeln. Wenn man inzwischen seine Geburtsstätte nicht mehr am Vogelweiderhof annimmt, so gibt es eine Stelle in Wolframs „Willehalm“, die Walther mit dem Bozner Wein in Zusammenhang bringt. Sicher verkörpert er in großartiger Weise all jene Kräfte, die 1200 im Land an Etsch und Eisack um Ausdruck und Gestalt rangen. Sein Grab befindet sich im Kreuzgang des Neumünsters in Würzburg.
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HAUENSTEIN: „Oswald von Wolkenstein“ (1377-1445)
Im Unterschied zu Walther von der Vogelweide hat dieser Tiroler Ritter und Dichter des späten Mittelalters uns viele Zeugnisse aus seinem Leben überlassen. Er war in Auseinandersetzungen des Tiroler Adels verwickelt und wurde wegen Erbstreitigkeiten in Schloss Forst gefangen gehalten. Lange Jahre stand er im Dienste König Sigmunds und begleitete ihn zum Konzil zu Konstanz. Kriegslist und Minnewerben, Verlangen nach Abenteuer und Geborgenheit in der Heimat, deftige Verse und religiöse Inbrunst gehören zum Gesamtwerk des Wolkensteiners, das der Realität zugetan ist und sich wie die Blätter eines Tagebuches liest, die voll sind von „toben, wueten,tichten, singen und mangerlei“. Letztendlich fand der ruhelose Oswald von Wolkenstein eine Bleibe für sich und seine Familie und sorgte auch dafür, dass er einmal im Kloster Neustift beerdigt werden konnte.
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ASTRONOM: „Nikolaus Kopernikus (1473-1543)
Geboren in Thorn, von einer schlesischen Familie stammend, studierte er Medizin, Jura und Astronomie in Padua und Ferrara. Er arbeitete bei seinem bischöflichen Onkel in Heilsberg und veröffentlichte seine Vorstellungen über den Bau des Planetensystems (De revolutionibus orbium Terrestrium). Nach Kopernikus steht die Sonne im Mittelpunkt der Welt und die Planeten bewegen sich in exzentrischen Kreisbahnen um die Sonne. Das heliozentrische oder kopernikanische System steht so im Gegensatz zum bisherigen geozentrischen und ptolemäischen System. Der tägliche Umschwung des Himmels ist nur scheinbar und bedingt durch die Rotation der Erde um ihre Achse. Kopernikus` Ansichten wurden auch von den damaligen Astronomen abgelehnt, der Beweis für die Richtigkeit des heliozentrischen Systems brachte erst Kepler.
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WINKELRIED VON TIROL: Herman von Gilm (1812-1864)
In Nordtirol geboren, verbrachte er als Beamter einige Jahre in Bruneck, wo er sich im Mittelpunkt der damaligen Gesellschaft, die sich in der Sommerfrische von Bad Scharte traf, als Dichter und als Laienschauspieler hervortat. Seiner Geliebten Sophie Petter widmete er den Gedichtzyklus „Sophienlieder“ der heute noch seinen Namen wach hält. Der Namen des Ehrenschlaraffen „Winkelried“ ist der Schweizer Held in der Schlacht von Sempach - dürfte auf die Theatertätigkeit Gilms hinweisen.
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MARKSTEIN: „Adolf Pichler von Rautenkar“ (1819-1900)
Der liberale Adolf Pichler aus Erl war eine überaus markante Erscheinung in der Tiroler Literatur in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dem Biedermeier war er entwachsen, ein neuer realistischer Zug begegnet seiner Dichtung. Im romantischen Stil schuf er die „Frühlingslieder aus Tirol“, später schrieb er knorrig, bodenständig und real. Außerdem beschritt Pichler den Weg zur realen Naturbetrachtung in Erzählungen „Allerlei Geschichten aus Tirol“, „Jochrauten“ „Letzte Alpenrosen“. Seine Versnovellen erschienen neben der Lyrik in der Sammlung „Marksteine“, die auch den Namen des Ehrenschlaraffen begründen.
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LOBETANZ: „Ludwig Thuille“ (1861-1907)
Er ist ein echter Bozner. Sein Geburtshaus befindet sich in der Mustergasse Nr. 6. Die Stadt Bozen hat dem Musikpädagogen und Musiktheoretiker eine Strasse gewidmet, die „Ludwig-Thuille-Strasse“ im Stadtteil Gries/Quirein. Der Schwerpunkt von Thuilles Schaffen liegt in der Kammermusik, den Bühnenwerken und der Volksmusik. Er war um 1900 eine der dominierenden Figuren des Münchner Musiklebens. Mit nur 45 Jahren verstarb er in München an einem Herzleiden.
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SIMPLICISSIMUS: „Eduard Thöny“ (1866-1950)
Er war der Sohn eines tirolischen Holzschnitzers und Bildhauers, dessen Familie auf den Rat Franz von Defreggers nach München zog. Er zeichnete für die Berliner Modewelt und veröffentlichte Beiträge in der Zeitschrift „Simplicissimus“. Thöny galt in seiner Zeit und gilt auch noch heute als ein begnadeter, weitgehend unerreicht gebliebener Karikaturist, dessen Name engstens mit der Zeitschrift „Simplicissimus“ verbunden ist.
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PURZINIGELE: „Albert Stolz“ (1875-1947)
Er ist der jüngste der Gebrüder Stolz und lernte gleich seinen Brüdern Rudolf und Ignaz zunächst in der Werkstatt des Vaters das Handwerk des Malers und Dekorateurs. Nach dem Besuch der Akademie widmete er sich ganz der Malkunst, wo er in der Monumentalmalerei, aber auch als Landschaftsmaler hervortrat. Verschiedene Gebäude in Bozen zieren seine Fresken, so in der Apotheke „Madonna" unter den Lauben. Zwischen dem ersten und zweiten Stock des Gasthauses „Zur Weissen Traube“ in der Museumstrasse malte er figurative Kompositionen über die Druckkunst. im Jahre 1908 wird er mit der Dekorierung des Versammlungssaales im Kolpinghaus beauftragt. Einen großen Bekanntheitsgrad erreichte Albert Stolz mit seinen stimmungsvollen Bildern aus dem Südtiroler Volksleben, so die Sarner Bauern auf dem Markt oder beim Kartenspiel, sowie mit der Bebilderung des Reimmichl-Kalenders. Er war als Rt Purzinigele Sasse der Schlaraffia Pons Drusi und hinterließ uns herrliche Seiten im „Schmierbuch“ des Reyches.
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HIMMELFAHRT: Johann von Hepperger zu Trischtenberg und Hoffensthal“ (1877-1914)
Er war Arzt und Literat. Sein Vater war Richter und Hofrat beim Oberlandesgericht in Innsbruck, seine musisch begabte Mutter Maria Elisabeth von Zallinger zum Thurn förderte sehr früh sein Talent. Er promovierte zum Doktor der Medizin und praktizierte anschließend in der psychiatrischen Klinik von Innsbruck. Er ließ sich als Nervenarzt in Bozen nieder, verbrachte aber den ganzen Sommer auf dem Ritten, wo er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Romane und seine Romanhelden haben fast immer einen Bezug zum Ritten, zu den Bauern, wie zu den Bozner Sommerfrischlern aus dem gehobenen Bürgerkreis.
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ROSENGARTEN: „Karl Felix Wolff“ (1887-1966)
Er ist ein autodidakter Südtiroler Volkskünstler. Auf der Suche nach Wurzeln rätischen Lebens - er hatte schon als Kind ein einschneidendes Erlebnis mit der ladinischen Sagenwelt, da seine aus dem Fleimstal stammende Kindsmagd ihm viel Wundersames von den bleichen Bergen erzählte -, erachtet Wolff das Ladentische als eigenes Idiom, was auch von der Schweiz bestätigt wird, die das Rätroromanische als vierte Landessprache anerkennt. Seine Dolomitensagen und Forschungen zur Toponomastik und zu ladinischen Familiennamen wurden mit vielen Würdigungen bedacht, unter anderem mit der „Ehrenmedaille“ der UNI-Innsbruck und dem „Walther- von- der Vogelweidepreis“ im Jahre 1960.
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RAKETE: „Max Valier“ (1895-1930)
Max Valier ist Österreichischer Astronom und Schriftsteller. Er gilt als bedeutender Wegbereiter der Raketenbautechnik und gleichzeitig als ihr erstes Todesopfer. Schon während seiner Schulzeit am ranziskanergymnasium Bozen begeisterte sich Max Valier für die Astronomie. 1913 begann er an der Universität Innsbruck das Studium der Astronomie, Meteorologie, Mathematik und Physik. Aufgrund des Ersten Weltkrieges wurde er 1915 zum Österreichischen Militär eingezogen. Dort diente er als Wetterbeobachter, in der Luftaufklärung mittels Fesselballons und ab 1917 in der Flugzeugerprobung. Seine Astronomische Staatsprüfung legte er in Wien ab. Als Wissenschafts- und Science-Fiktion Autor veröffentlichte er die Erzählung „Spiridion Illuxt“ in der er die Atombombe vorhersah. Weiters entstand die Abhandlung „ Der Vorstoß in den Weltraum“, in dem ein Programm zur Entwicklung der Raketentechnik beschrieben war. Sechs erfolgreiche Auflagen davon erschienen bis 1930. Mit dem Raketenschlitten „RAK BOB“ gelang ihm am zugefrorenen Starnberger See ein Geschwindigkeitsrekord von über 400/km/h. Am 17. Mai 1930 starb Max Valier durch eine Explosion während des Probelaufs eines neuartigen Triebwerks durch eine tödliche Verletzung der Lungenschlagader. Er gilt als erstes Opfer der Raumfahrt und wurde auf dem Münchner Westfriedhof beigesetzt. Er ist, wie auch Ludwig Thuille, ein echter Bozner. Eine Fachoberschule im technologischen Bereich und ein Verein von Amateurastronomen in Bozen sind nach ihm benannt. Diese beiden Einrichtungen entwickelten zusammen mit der Gewerbeoberschule „Oskar von Miller“ in Meran den Kleinsatelliten „MAX VALIER SAT“, der am 23. Juni 2017 gestartet wurde. Außerdem tragen Straßen in Bozen, Wien und München, sowie die einzige Volkssternwarte Südtirols (Sternwarte Max Valier in Gummer/Gem. Karneid) seinen Namen. Eine Max-Valier-Strasse gibt es ebenso in Seis am Schlern, wo sich das Sommerfrischhaus der Familie befindet.